Emmi über ihre Unterleibdiskrepanzen

Um über meine Empfindungen und Gefühle zur Unterleibsdiskrepanz zu berichten, muss ich nach wie vor meine Schamgrenzen, Schuld- und Ekelgefühle überwinden.

Wenn ich bewusst daran denke, wie sehr ich vor meinem Outing, und natürlich jetzt immer noch, darunter leiden muss, im falschen Körper zu stecken, kommen in mir Ekel-, Schuld- und Schamgefühle hoch, vor allem in dem Moment der punktuellen Erregung und des plumpen, abrupten Abspritzens, schäme ich mich besonders für meinen Körper.

Das ist für mich das Schlimmste, im eigenen Körper gefangen zu sein.

Es war mir vor meinem Outing nicht bewusst, woher diese Gefühle der Unausgeglichenheit und Empfindungen kommen. Konnte diese nur schwer einordnen und habe versucht es zu verdrängen, um der „Männerrolle“ gerecht zu werden, die von mir erwartet wurde. Jetzt nach dem Outing ist mir alles ganz klar, mit dem heutigen Bewusstsein überblicke ich meinen Leidensweg nun gesamthaft, dieses tiefe innere Leid und das Ringen mit mir selber all die ganzen Jahrzehnte. Einfach nur schrecklich, so etwas durchleben zu müssen. Sich für seinen eigenen Körper zu schämen, das ging so weit sich nicht gern freizügig, ja geschweige denn gar nackt vor meiner Partnerin zu zeigen.

In all meinen Beziehungen mit Frauen hatte ich während des sexuellen Aktes, bedingt durch die Schwellung dieses steifen, großen „Prügels“ und das Eindringen mit der Spitze, der Eichel voran, wie ein Machtgefühl, das Gefühl über meine Partnerin zu herrschen.

Ein Ding, was herausragt und dann während der Erektion den platten und schnellen, oberflächlichen, auf den einen Punkt bezogenen Höhepunkt, diese eklige, klebrige, milchige Spermaflüssigkeit herausspritzt. Ich empfand es nicht nur als ekelhaft, sondern es war befremdlich, autoritär und besitzergreifend. Also kurzum: das war nicht wirklich ich, der „das machen musste“. Endlich vorbei. Endlich kann ich offen über meine tiefsten Sehnsüchte sprechen und diese auch immer mehr fühlen.

Meine tiefste Sehnsucht und mein größter Wunsch war und ist es, die vaginale Enge, die körperliche innere Weite und diese Spannung, die Frauen in ihrer Erregung spüren, auch so erleben zu dürfen. Doch noch sieht die Realität leider anders aus, noch.

Die Befriedigung bei Frauen ist nicht so lasch, auf dem Punkt und so schnell vorbei wie bei den Männern.

Ich habe meine Partnerinnen immer darum beneidet und bewundert. Um diesen inneren pulsierenden Rhythmus, die Erregtheit ihres Körpers, alles bebt und schwingt und lässt die Spannung zum Höhepunkt explosionsartig im gesamten Unterleib frei. Eine hohe Intensität an Glücksgefühlen und die innere Weite spürend, sich einfach fallen lassen. Wie unglaublich schön muss dieser Moment doch sein. Ich habe so eine große Sehnsucht danach. Nach all diesen Gefühlen und Empfindungen.

Mittlerweile spüre ich sexuelle Erregung bedingt durch die HRT immer mehr so, wie ich es damals bei meinen Partnerinnen beobachtet, empfunden und erklärt bekommen habe. Habe versucht, mir diese Gefühle und Erregung im eigenen Körper vorzustellen, durch die Hormone bin ich diesen schon einen kleinen Schritt nähergekommen.

Dennoch und gerade jetzt, wo ich auf den richtigen Weg bin, bleibt diese tiefe Sehnsucht nach all den intensiven, tiefgreifenden Gefühlen der Ekstase, der Enge der Vagina, nach dem pulsierenden, schwingenden, zentrierten Körperempfinden.

Mein größter und sehnlichster Wunsch ist es, dieses große Leiden unter dieser Diskrepanz endlich loszuwerden. All diese wunderbaren Empfindungen und Gefühle vollumfänglich selber, im eigenen Leib spüren zu dürfen.

Endlich glücklich mit meinem Körper zu sein, ihn akzeptieren zu können und endlich komplett „Ich“ sein zu dürfen.