Tanja vor ihrer SRS

Ich denke die genitale Zone ist bei mir als Transfrau, ein Ort mit dem ich mich nicht allzu lange befassen möchte oder je befasst habe. Und wenn ich es tue, geht es darum es in Frage zu stellen.
Ein Ort, der bei mir nicht das ist was ich im Kopf habe. Ich sehe etwas was ich nicht fühle. Mein Gegenüber, der Arzt im Spital, der entscheidet oder entschieden hat, was entschieden wird, wenn dieses Gehänge zu sehen ist. Ich vermisse beim Sehen und Tasten das was ich fühle. Was mein Kopf mir vorgibt. Da ist mal für kurze Zeit, wenn ich mich unbeobachtet fühle und gehen lassen kann ein ganz kurzer Moment, so flüchtig und unwirklich - ein Hauch - von der Tiefe. Ein Schleier von etwas Weiblichen was nur ich sehe und empfinden kann.
Es ist aber doch nicht da.


Ich kann dieses Gefühl eher provozieren, wenn ich das Glied bedecken kann mit etwas so Engem, dass es das Blut aus dem selbigen drückt, dass es schlaff und weich ohne Inhalt in meinen Körper gedrückt wird. Die Erhebung weg ist?


Dann kann ich mich im Spiegel anschauen und sehe vielleicht keine Erhebung, die aber doch unwiderruflich/unmissverständlich einfach da ist und mir und meinen Mitmenschen signalisiert was ich doch nicht bin. Was ich auch tue es ist da. Ich kann es wegziehen, nach unten drücken, verklemmen… es ist so sichtbar und herausragend wie ein Fels in der Brandung.
Kommt der Sturm auf, wird das ganze zum Leuchtturm. Noch sichtbarer als vorher und so trotzig und fest wie ein Berg auf dem das lauteste Horn und das grösste Feuer brennt. Nichts Verborgenes. Das pure Gegenteil. So prominent und herrscherisch.


Ich kann den Penis als dieses Objekt nicht gross gebrauchen. Das Gefühl welches mich kurz übernimmt, wenn ich sexuell erregt bin, ist so auf den Punkt gebracht. Ein einmaliger Pfeilschuss. Geschaut, gezielt, über die Kimme und weg. Zentral. Ein Spannungskurve wie die eines Starts einer Silvesterrakete. Die hochgeht und kurz über dem Boden mit einem lauten Knall (ohne all das Feuer und das bunte Licht) explodiert und ausgebrannt auf den Boden knallt.
Das schlechte Gefühl es nicht richtig zu fühlen. Eine Eingeschränktheit, von der ich weiss und ich weiss, nichts daran ändern zu können. Ich könnte mir die Vulva meiner Frau anschauen und versenke förmlich in ihr. Das Weiche und Tiefe kann ich bei mir nicht erahnen. Nur wenn ich mich rektal befriedige geht es etwas in die Richtung. Das Beben und rhythmische Pulsieren.
Ich schäme mich für mein Genital. Aber wie kann ich mich für etwas schämen, was nicht mir gehört? Ich kann es mir nicht wegdenken. Es ist da. Mein Augensinn sagt es ist da. Mein Kopf behauptet das Gegenteil. Was nun. Es löst einen Schmerz aus, den ich nicht als Schmerz in dem Sinne fühle, sondern vielleicht als die Sehnsucht oder Leiden, nicht vollkommen zu sein. Aber dies tut trotzdem sehr weh und bestimmt mich seit meiner Pubertät.
Ich trage etwas Primitives bei mir. Es lebt nur für den nächsten Schuss, wie ein Junkie. Jeder Schuss ist gleich. Ein einfaches Rezept. Da etwas kochen bis das Eiweiss hart wird. Dann kommt es mit einmal, zweimal, dreimal Kontraktion in die Luft geschossen. Keine Erogenen Zonen. Kein Zusammenspiel von den verschiedenen Körperregionen, die ihren Anteil haben und diese Lust bis zum Höhepunkt mit Leidenschaft verknüpfen. Je schneller je besser ist die Devise. Je fester und grösser desto potenter und geiler.


Mir fehlt die Weichheit, der Ort der Geborgenheit. Ein Platz an dem alles noch so Böse und Scharfe verschwindet. Ich vermisse, kann ich etwas vermissen was ich nie besessen habe? Woher weiss ich, dass ich es vermisse? Ich kann mir die Frage nicht beantworten. Was ich beantworten kann ist, dass mir der Einklang zwischen dem Kopf und dem Körper fehlt. Das was ich mitbringe und mir gehören sollte, ist spitz und hart wie ein Knochen. Immer darauf aus zu penetrieren. Einlochen und fertig. Immer und immer wieder werde ich daran erinnert.


Was ich auch tue, es ändert sich nicht.


Vielleicht ist die Diskrepanz mit der FFS noch etwas weiter auseinander gegangen. Es stimmt noch weniger als vorher. Ich kann mich von dem ablenken, ich kann mich für einen kurzen Moment betrügen und doch ist alles so, wie der Rest der Welt mich nackt sehen würde.