Eine bemerkenswerte Tagung

Am 4. und 5. August 2017 fand an der TU Darmstadt die erste internationale TransEthik-Fachtagung (mit Teilnehmer*innen aus 5 Ländern) statt. Eingeladen hatten das Institut für Theologie und Sozialethik (iths) der TU Darmstadt und die Deutsche Gesellschaft für Health Consumer Ethics (DGHCE).

Das vorrangige Ziel der Arbeitstagung bestand daran, den transethischen Diskurs zu eröffnen hin zur primären Grundsatzfrage: Was ist meine grundsätzliche ethisch-moralische Position zu Menschen mit Transsexualität? Von entscheidender Wichtigkeit bei der Konzeption und Durchführung der Tagung war dabei die Interdisziplinarität der Beitragenden aus unterschiedlichen Wissenschafts- und Lebensbereichen.

Prof. Dr. Udo Rauchfleisch (Basel) reflektierte aus ethischer Perspektive seine 45-jährige Praxis als Transitionsbegleiter, zeigte die vielfältigen Wandlungen und hautnah erlebten ethischen Herausforderungen und Widersprüche auf. Dr. Bart van de Ven (Antwerpen) schilderte die ethischen Prinzipien der Fazialchirurgie und ihre ethischen Dilemmata.

Dr. Erik Schneider (Luxemburg) beschrieb in einem sehr berührenden und engagierten Beitrag die ethischen Grundkonflikte beim Thema TransKinder. Prof. Dr. Claudia Maier-Höfer (EH Darmstadt) gab Einblicke in ihr TransKinder-Forschungsprojekt und die dahinterstehenden Überlegungen und theoretischen Grundsatzentscheidungen.

Prof. Dr. Lukas Ohly (Goethe-Universität Frankfurt/Main) skizzierte die Zusammenhänge von Ethik, evidenzbasierter Medizin und Transsexualität aus theologisch-philosophischer Sicht. Der Beitrag DDr. Claudia Haupt (Luzern) beschäftigte sich speziell mit dem Werk eines Philosophen, nämlich Emmanuel Levinas, und seinen bahnbrechenden ethischen Konzepten, wobei versucht wurde zu skizzieren, inwiefern Levinas’ Ethikkonzept beim Thema Transsexualität relevant sein kann.

Beim gemütlichen Ausklang des ersten Tagungstages im Hotelrestaurant wurden die Diskussionen in entspannter Atmosphäre bis spät in die Nacht fortgeführt.

Den zweiten Tag der Arbeitstagung eröffnete PD Dr. Kurz Seikowski (Universität Leipzig) sehr eindrücklich mit persönlichen ethisch-moralischen Statements zum Spannungsfeld von Transsexualität, Ethik und Sexualwissenschaft. Prof. Dr. Livia Prüll (Universität Mainz) zeigte medizin-ethische Perspektiven der „Parallelwelt“ transidenter Menschen auf.

Die Psychotherapeutin Mag. Cornelia Kunert (Wien) skizzierte in ihrem Beitrag die paradigmatische Wende hin zur „Erste-Person-Perspektive“ bei der Behandlung transsexueller Menschen. Jack Walker, B.Sc. (St. Gallen) beleuchtete in einem sehr persönlich gehaltenen Beitrag eindrücklich die vielfältigen, komplexen Zusammenhänge von Trans*, sozialer Arbeit und Ethik.

Dr. Gerhard Schreiber (TU Darmstadt) gab einen eingehenden Überblick über die Bemühungen, aber auch über die Herausforderungen, Irr- und Abwege der akademischen Theologie im deutschsprachigen Raum, sich mit dem Thema Transsexualität auseinanderzusetzen, mit besonderer Rücksicht auf die Frage der Be-/Verurteilung geschlechtsangleichender Maßnahmen aus ethisch-theologischer Sicht.

Fazit der Tagungsteilnehmer*innen: Das Konzept einer interdisziplinären Arbeitstagung mit offenen, sachlich und fachlich spannenden und engagierten Ethik-Diskussionen hatte sich bewährt, die Atmosphäre der Tagung war förderlich, „gut“ und inspirierend und macht Hoffnung auf eine Fortsetzung dieses fachlichen Austausches.

Nachtrag: Der Name des Tagungsorts, „Welcome-Hotel“, wurde von den Teilnehmer*innen als treffendes Symbol für die Tagungsatmosphäre erachtet.